Gigantische Leinwände, vorwiegend mit der samtigen Farbigkeit von Eitempera bearbeitet und prächtige ornamentale Texturen zwischen Mensch und Natur, zwischen Vergangenheit und den flüchtigen Momenten der Gegenwart – all das beschreibt nur ungefähr das Werk von Miriam Vlaming. Sie ist nicht nur eine der wichtigsten Vertreterinnen der Neuen Leipziger Schule und Meisterschülerin von Prof. Arno Rink – die etablierte Künstlerin ist auch Mutter, Partnerin und Dozentin.
Mit dem Erscheinen ihres umfassenden Katalogs HUMAN NATURE im Kerber Verlag, der Veröffentlichung des großen Artikels LEIPZIGER LÖWINNEN im art Magazin und diversen Ausstellungen von Galerien bis zu Institutionen ist dieses Jahr sicherlich alles andere als gewöhnlich für die Künstlerin Miriam Vlaming.
Wie erhältst du dir inmitten des ganzen Trubels als Künstlerin eine ungestörte Umgebung? Das gelingt mir nicht immer, aber ich versuche in den Zeiten, in denen ich male, alles um mich herum abzuschalten. Dazu gehört einfach auch kein ständiges Telefonklingeln oder E-Mail-Verkehr. Ich richte mir feste Malzeiten ein, da bin ich nicht erreichbar.
Vor kurzem war ich bei dir im Atelier in Berlin zu deinem Kaffeekränzchen zusammen mit fünf weiteren Künstlerinnen eingeladen. Mir ist aufgefallen, wie offen du – auch im Zusammenhang mit deiner Initiative „FIRSTDATETHEARTIST“ – für den Austausch mit Menschen bist, was nicht für jeden Künstler selbstverständlich ist. Wie kommt es, dass du den offenen Dialog zur Kunst so wichtig findest und tatkräftig ermöglichst? Kunst ist ja Leben. Der Austausch mit anderen Menschen über meine Kunst oder Kunst, die mir etwas gibt und die ich deshalb in meinen privaten Räumen zeige, kann sehr inspirierend sein. Ich erlebe immer wieder, dass viele Menschen eine ganz große Sehnsucht nach einem Austausch in einem geschützten, also privaten Raum haben.
Was macht für dich den Charakter deiner dargestellten Personen aus? Wie bringst du diese Tiefe in den Gesichtsausdruck der jeweiligen Figuren – sind es reale Personen oder Fabelwesen aus deiner Fantasie? Sowohl als auch. Ich behandle fotografische Vorlagen, soweit ich mich dazu entschließe, mit ihnen zu arbeiten, als Stimulans. Gerne benutze ich Fotofragmente, um sie in einen neuen und für mich größeren Zusammenhang zu bringen.
Die Zeitlosigkeit hinter den Geschehnissen ist eigentlich das Spannende für mich.
Zu deiner neuen Serie an Papierarbeiten namens „This is No Ordinary Love“: Möchtest du mit diesem schmalen Grat zwischen Sehnen und Leiden schockieren, erinnern oder mitfühlen? Du siehst nur das, was du bist.
Es ist ein Spiel mit unseren eigenen Träumen und Erwartungen.
Miriam Vlaming, „Romance 1“, 30 x 42 cm, Mischtechnik auf Papier, 2017
Wie würdest du den Zustand der jeweiligen Personen (bzw. die Beziehung zueinander) auf den Bildern beschreiben? Sie sind ja bewusst emotional überzeichnet, vielleicht erinnern sie auch an die Pantomime der Stummfilme. Es ist ja auch die Schule des Sehens: zu erahnen, was der andere dort ohne Worte meint. Ein reizvolles Thema, wie ich finde.
Was ist für dich persönlich in einer außergewöhnlichen Beziehung fundamental? Dass sie außergewöhnlich ist 😉
Miriam Vlaming, „Waiting For James“, 110 x 170 cm, Mischtechnik auf Papier, 2017
Who the … is James? 😉 Ein Spiel mit dem Klischee, aber vielleicht auch mehr.
Was bietet dir Papier als Künstlerin, was Leinwand nicht hat/kann?
Das Papier verzeiht nicht. Die Leinwand ist geduldiger.
Das Arbeiten auf Papier ist wesentlich unmittelbarer und lebt auch von dieser Dynamik. Es hat manchmal etwas Flüchtiges. Das inspirierte mich zu diesen Arbeiten mit den romantisches Sujets.
Duden definiert Leidenschaft u.a. so: „sich in emotionalem, vom Verstand nur schwer zu steuerndem Verhalten äußernder Gemütszustand“. Wie würdest du deinen kreativen Prozess beschreiben – arbeitest du eher analytisch überlegt oder ungezügelt spontan?
Ich würde mein Arbeiten als kontrolliertes Träumen beschreiben.
Welchen Einfluss hatte Berlin auf deine neue Serie auf Papier? Denkst du, du hättest so schon in deiner Zeit in Düsseldorf oder Leipzig gemalt – oder enthält deine neue Serie vielmehr persönliche, melancholische Elemente aus ebendieser Vergangenheit? Ich habe diese Bilder nur hier machen können. Es ist auch nichts wiederholbar. Die Bilder entsprechen meinem derzeitigen Erfahrungsschatz, sowohl inhaltlich als auch formal.
Beschreibe in einem Satz, was Farbe für dich bedeutet, wie du Farben wählst und was du mit ihnen ausdrücken möchtest.
Farbe ist Materie.
Sie ist die Brücke zur sinnlichen Erfahrung und kann alle Formen annehmen. Ich arbeite mit der Essenz der Farbe, dem reinen Pigment.
Photocredits in der Reihenfolge des Erscheinens:
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Danke für deine poetischen, berührenden Einblicke das, was den Menschen ausmacht, Miriam: seine Beziehungsfähigkeit und seine Rolle in einer zunehmend komplexeren Umwelt, welche du mit deiner ganz eigenen Ästhetik verfeinerst.
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